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Wuppertal goes Europe

Auszubildende und Ausbilder*innen berichten aus dem Praktikum

Laura Brüggemann, in Hertfordshire (United Kingdom)

Laura Brüggemann, Tierpflegerin im 3. Ausbildungsjahr im Grünen Zoo Wuppertal hat vom 03.10. - 28.10.2022 ihr Erasmus+ EU-Praktikum im Paradise Wildlife Park absolviert. 

Paradise Wildlife Park

Der Paradise Wildlife Park befindet sich circa 40 Autominuten nördlich von London entfernt in Broxbourne, Hertfordshire. Es ist ein familiengeführter Park und – im Gegensatz zum Grünen Zoo Wuppertal – nicht städtisch, sondern eine eingetragene Wohltätigkeitsorganisation. In den 60er Jahren wurde der „Broxbourne Zoo“ gegründet, 1984 von der Familie Sampson übernommen, deren Ziel es war, die Tiere in größere naturnahe Gehege umzusiedeln. In den 90er Jahre wurde er dann zum Paradise Wildlife Park umbenannt, soll aber ab 2024 unter dem Namen „Hertfordshire Zoo“ weitergeführt werden. 

Schon lange vor meinem Praktikumsbeginn bekam ich das „Work placement – Handbook 2022/23“, welches alle Organisationsregeln enthält u.a. Arbeitszeiten, Vertraulichkeit, Fotoregeln, Umgang mit Besuchern, Sicherheit für Kinder, Transport und Dress-Code. 

Abfahrt Calais bis Dover

Spannende Anreise

Aufgrund der Tatsache, dass der Park sehr ländlich liegt und schwer mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu erreichen ist, habe ich mich entschieden, mit meinem Auto nach England zu reisen. Nachdem ich also mit der Fähre von Calais nach Dover über den Ärmelkanal gefahren bin, begrüßten mich bei strahlendem Sonnenschein die White Cliffs of Dover. 

Von der Fähre fahrend hieß es nun: Linksverkehr! Ich bin zuvor noch nie selber im Linksverkehr gefahren. Zum Glück gab es auf den Straßen sehr viele Schilder in Englisch, Französisch und Deutsch, die einen immer wieder daran erinnerten „links zu fahren“. Ebenso wurde man durch viele Pfeile immer in die richtige Richtung gelotst. In England gibt es sehr viele Kreisverkehre, die nicht selten auch noch mehrspurig sind. Nicht nur, dass man links herumfahren muss, man muss auch noch, je nach dem wo man ausfahren möchte, den Blinker setzen: Möchte man die erste Ausfahrt nehmen, so blinkt man bereits beim Reinfahren nach links. Will man geradeaus wird gar nicht geblinkt und wenn man die letzte Ausfahrt nehmen möchte, blinkt man beim Reinfahren nach rechts. Immer, wenn ich alleine auf einer schmaleren Straße unterwegs war, musste ich mich selbst erinnern: „Fahr links!“ Nach ein paar Tagen hatte ich mich allerdings daran gewöhnt und alles ging automatisch.

Woche 1: Keepers Headquarter und Paddocks & Farms

Im Laufe meines Praktikums hatte ich die Möglichkeit, in vier verschiedenen Revieren mitzuarbeiten. Anders als im Grünen Zoo gibt es im Paradise Wildlife Park einen zentralen Punkt für alle Reviere, dort sind die Futterküchen, Materialräume und auch die Aufenthaltsräume. Alle Mitarbeiter kommen also im Tagesverlauf immer wieder an dem „Keeper Headquarters“ vorbei, um sich Arbeits- und Beschäftigungsmaterial zu holen.

In meiner ersten Woche war ich im Huftierbereich eingeteilt. Nachdem ich allen Kolleg*innen vorgestellt wurde, hieß es auch schon direkt mit anpacken. Das Revier ist unterteilt in zwei Bereiche. Einmal der Farmyard mit Bauernhoftieren, Kängurus und Emus und der Bereich Paddocks mit Trampeltieren, Zebras, Flachlandtapiren, Capybaras (Wasserschweinen), Rentieren und vielen mehr. In jedem Bereich arbeiten meist 2 Tierpfleger*innen. 

Beschäftigung der Flachlandtapire

Zusätzlich hat der Paradise Wildlife Park auch viele Freiwilligenhelfer*innen (Volunteers), die täglich in verschiedenen Revieren aushelfen. Bei den Huftieren sind pro Tag meist zwei Volunteers eingeteilt. Die täglichen Aufgaben beinhalten die Reinigung der Ställe und Anlagen und Vorbereiten und Geben von Futter. Einmal pro Woche wird auch das Becken der Flachlandtapire komplett gekärchert, da diese Tiere ihr Geschäft immer im Wasser verrichten und das Becken dementsprechend verschmutzt ist. 

Keeper Talks

Die Tierpfleger*innen geben zusätzlich täglich noch öffentliche „Keeper Talks“, in denen sie zu bestimmten Tierarten den Besuchern etwas erzählen. Außerdem können Besucher*innen eine „Animal Experience“, also eine Tiererfahrung, buchen, in denen sie zu den Tieren auf die Anlage dürfen und diese auch streicheln und füttern können. Zudem bietet der Park den „Keeper for a day“ an, während dessen die Besuchenden in allen Revieren aushelfen und den normalen Tierpfleger-Alltag miterleben können. Allgemein wird auch sehr viel Wert daraufgelegt, den Tieren im Park viel Beschäftigung („Enrichment“) zu bieten. So gibt es für jedes Revier eigene Ordner mit Bildern aller Enrichment-Tools: mit Bezeichnung, Beschäftigung, Dauer und Tierarten der Anwendung. Im Huftierrevier war es eines meiner Highlights, für alle Tiere spezielle Beschäftigungen herauszusuchen und sie dabei zu beobachten. Natürlich springen manche Tiere viel mehr darauf an, als andere.

Was ebenso anders war als im Grünen Zoo, war der Umgang mit dem Futter. Einmal pro Woche erhält der Park eine Lebensmittelspende von Supermärkten in der Umgebung. Die Tierpfleger*innen selber sortieren das ganze Obst und Gemüse und teilen es auf die Reviere auf. Das Einzige, was also eingekauft werden muss, ist das Fleisch. Ebenso gehört zur Arbeit eines Tierpflegers die Reinigung der Besucherwege und das Austauschen und Leeren von Mülleimern.

Spornschildkröte Marion

Marion

Ein weiteres Highlight in diesem Revier waren für mich die Schildkröten, insbesondere die Spornschildkröte „Marion“. Spornschildkröten sind die drittgrößte Landschildkrötenart und Marion liebt es, zu versuchen, sich bei Tierpflegern auf den Schoß zu setzen um Aufmerksamkeit zu bekommen. Mit ihren über 30kg hat sich der eine oder andere Tierpfleger schonmal ein paar blaue Flecken zugezogen. Mit Marion wird auch ein regelmäßiges Tiertraining durchgeführt, damit man ohne Probleme ihren Schnabel kürzen kann und dafür nicht immer die Tierärzte kommen müssen. Die Schildkröten werden ebenso einmal wöchentlich gebadet, um den Panzer von möglichen Parasiten zu befreien, was für mich auch eine neue Erfahrung war.

Fütterung des Kaninchenkauzes

Woche 3: Birds, einmaliger Zuchterfolg

Der Paradise Wildlife Park hält einige Greifvögel, mit denen meist täglich eine Flugshow stattfindet. Das war für mich besonders interessant, da wir dies im Grünen Zoo nicht haben. Ich durfte nach der Show auch beim Training der anderen Greifvögel helfen, was mir sehr gut gefallen hat. Der Park hatte dieses Jahr gleich zweimal Nachwuchs bei den Malaienhornvögeln, das war das erste Mal weltweit, dass so etwas gelungen ist. Zum Vogelrevier zählen ebenso die Brillenpinguine. Auch dort durfte ich bei den regelmäßigen Reinigungsarbeiten und Fütterungen helfen. Zusätzliche wurden auch noch ein paar Nestboxen saubergemacht, da die Jungtiere die schützende Box mit ihren Eltern verlassen haben. Die Anlage hat einen Süß- und einen Salzwasserpool. In regelmäßigen Abständen wird der Salzwasserpool gekärchert und neu aufgefüllt.

Woche 4: Primates & Small Mammals

Mein letztes Revier waren die Primaten und kleineren Säugetiere. Dieses Revier verteilt sich über den ganzen Park mit zum Beispiel Kurzkrallenotter, Roten Pandas, Erdmännchen, Stachelschweine, Faultiere, Lemuren, einige Tamarine und Weißwangen-Schopfgibbons dazu. 

Mein persönliches Highlight war allerdings der Binturong, eine Schleichkatzenart, die man schon von weitem riecht: Sie riecht nämlich nach Popcorn! Er soll bald mit Malaienbären und den Kurzkrallenottern in eine neue Anlage ziehen. 

Selbstgemachter Holzstamm für das Gummi arabicum der Zwergseidenäffchen

Tierbeschäftigungen „basteln“

Neben den täglichen Reinigungsarbeiten wird in diesem Revier sehr viel Zeit in die Beschäftigung der Tiere investiert. Ich habe mir jeden Tag für eine andere Tierart eine neue Beschäftigungsmöglichkeit ausdenken dürfen und habe sogar selber neues Beschäftigungsmaterial, unter anderem für die Stachelschweine, gebaut. Was ich auch noch nie zuvor persönlich gesehen hatte war die Fütterung von Zwergseidenäffchen. Diese ernähren sich in freier Wildbahn überwiegend von Baumsäften. Um dies nun in menschlicher Obhut nachzuahmen wird Gummi arabicum verwendet. Dafür werden in Holzstämme Löcher reingesägt. Die Gummi arabicum Stücke werden dann mit heißem Wasser aufgeweicht und in die Löcher gedrückt. Die Holzstämme werden dann jeden Tag frisch in die Anlage gehangen und von den Zwergseidenäffchen bearbeitet. An einem Wochenende war der „World Lemur Day“, für welchen die Tierpfleger*innen alle sehr viel vorbereitet haben. So haben wir zum Beispiel die Form eines Baobab-Baumes aus Holz ausgesägt und gestrichen und Girlanden mit Fotos der Lemuren vorbereitet.

Laura mit Pinguinen

Wie wird man Tierpfleger *in in England?

In den Pausen und auch zwischendurch hatte ich die Möglichkeit, mit einigen Tierpflegern darüber zu sprechen, wie man in England Tierpfleger*in wird. Es gibt nicht, wie in Deutschland, die eine Ausbildung. Viele Tierpfleger*innen belegen nach der Schule Kurse an Universitäten oder Online in Zoologie und eignen sich ihr Wissen an. Zudem haben fast alle vorher in einem Zoo volunteered, also als Freiwilligenhelfer regelmäßig über einen längeren Zeitraum – meist neben dem Studium – gearbeitet. Einige sind auch ausschließlich durch die Freiwilligenarbeit an einen Job als Tierpfleger*in gekommen. Andere haben aber auch einen Universitätsabschluss vergleichbar mit unserem Bachelor oder Master in Fächern wie Chemie, Biologie, Zoologie, Tierpflege, etc. Mir wurde auch erzählt, dass jedoch immer mehr Zoos in England nun auf das Ausbildungssystem umstellen und die Mischung aus Schule und Arbeiten als beste Lösung ansehen. Eine offizielle Prüfung für Zootierpfleger*innen -wie hier bei uns- gibt es bisher noch nicht.

Fazit

Das Auslandspraktikum hat mir großen Spaß gemacht. Ich habe sehr viele neue nette Menschen kennengelernt und habe meinen englischen Wortschatz deutlich erweitern können. Ebenso war es sehr interessant zu sehen, wie in einem anderen Zoo in einem anderen Land gearbeitet wird.  Der Austausch mit den Tierpfleger*innen über die Tiere und die Arbeitsstruktur war interessant und lehrreich. Mich hat sehr gefreut, dass auch seitens der Tierpfleger*innen im Paradise Wildlife Park sehr viel Interesse an dem Grünen Zoo Wuppertal, seinen Tieren und der Tierpflegerausbildung in Deutschland bestand. 

Die Höflichkeit und der zuvorkommende Umgang untereinander haben mich auch nachhaltig sehr beeindruckt. Ich bin sicherer in meiner Tätigkeit und in meinem Wissen geworden, welches ich als Tierpflegerin mitbringe, da der Austausch mit den anderen Pflegern auf Augenhöhe stattgefunden hat und ich genauso viele Fragen gestellt habe, wie auch mir gestellt worden. Es hat sich also gleichzeitig auch wie ein freundlicher Fachaustausch angefühlt, bei dem beide Parteien voneinander Neues lernen wollen und können. Ich habe jedenfalls habe sehr viel Neues gelernt und freue mich darauf, diese Erkenntnisse in meinem Zoo Wuppertal einbringen zu können. 

Und ich würde das Erasmus+ Praktikum JEDEM empfehlen.

Erläuterungen und Hinweise

Bildnachweise

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