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Wuppertal goes Europe

Auszubildende und Ausbilder*innen berichten aus dem Praktikum

Silvana Ermert in Braga

Frau Ermert absolvierte während ihrer Ausbildung zur Verwaltungswirtin vom 11.07. bis zum 29.07.2022 ein dreiwöchiges Auslandspraktikum in Braga (Portugal). 

Alleine in Braga ... und was ich dort alles erleben durfte, berichte ich euch jetzt:

Der rste Einsatzort: die Quinta Pedagógica

Mein Arbeitsplatz änderte sich wöchentlich - so wie es in Braga üblich ist - und so begann ich meine erste Woche auf einer pädagogischen Farm: der Quinta Pedagógica. Neben etlichen Obstbäumen, Kräuter- und Gemüsefeldern, beherbergte die Farm auch einige Tiere und bot sogar spezielle Schulungsräume für Schulkinder der ersten und zweiten Klasse, die jeweils eine Woche ihrer Sommerferien auf der Farm verbringen. Zweck dieses Sommerprogramms ist es, die Kinder für Themen wie Umweltschutz, Mülltrennung und Recyclingmöglichkeiten zu sensibilisieren. 

Natürlich standen auch verschiedene, teils sehr abenteuerliche Ausflüge auf der Tagesordnung. Und so konnte ich mit dabei sein, als wir die eindrucksvolle Kirche Bom-Jesus (Bom Jesus do Monte bedeutet übersetzt: Guter Jesus vom Berge) und ist ein römisch-katholisches Heiligtum und Wallfahrtsort) besichtigten, uns im Kletterpark von Baum zu Baum hangelten und uns Abkühlung an einem erfrischenden Fluss verschafften.

Ich habe mich - gemeinsam mit dem pädagogischen Personal - besonders viel an diesem Tag mit einem Kind beschäftigt, das leider unter einem schweren Grad an Autismus leidet. Es konnte nicht sprechen oder an den vielen Unternehmungen des Sommerprogramms teilnehmen. 

An dem letzten Tag an diesem Praktikumsort, hatte ich mir bei dem heißen Wetter eine Cola gekauft. Als dass Kind das sah, wollte es ebenfalls einen Schluck meiner Cola haben. Dies habe ich natürlich nicht erlauben dürfen. Die Schulkinder hatten auch jederzeit Getränke zur Verfügung. Da das Kind meine Reaktion nicht verstanden hat, wurde ich von ihm in meine Hand gebissen und loslassen wollte es so rasch auch nicht. Es hat mich und den pädagogischen Betreuer einige Überzeugungsarbeit gekostet, um mich aus dieser misslichen Situation zu befreien. Der Biss ist inzwischen schon über zwei Wochen her und jedes Mal, wenn ich auf meine Hand schaue, habe ich ein Andenken an Portugal und das Kind, denn der blaue Fleck hält sich ziemlich gut an meiner Haut. 

Im Rückblick betrachtet war es eine lehrreiche Situation für mich.

Ich habe mich daher im Nachhinein intensiver mit dem Krankheitsbild "Autismus" beschäftigt: Menschen mit Autismus neigen häufig auch noch zu einer Reihe weiterer psychischer Begleitstörungen, wie übergroße Befürchtungen, Phobien, Schlaf- und Essstörungen sowie herausforderndes Verhalten in Form von Wutausbrüchen und fremd- oder selbstverletzenden Verhaltensweisen.

Diese Informationen helfen mir nun, die Reaktion des Kindes besser einzuordnen und zu bewerten.

Dieser Zwischenfall ist sicherlich ein sehr seltener und grundsätzlich hat es mir viel Spaß gemacht, Zeit mit den Schulkindern zu verbringen und auch selbst als ein Teil dieser großartigen Gruppe zu sein. Herzlich, liebevoll, Spannende Erfahrung - Alltag von Pädagogen, kulturelle Unterschiede

So konnte ich in meiner ersten Woche bereits viele Eindrücke sammeln, an die ich mit einem Lächeln zurückdenke.

Civil Protection Department - Serviço de Proteção Civil

Meine zweite Woche, die ich im Zivilschutz absolvierte, ging bereits abenteuerlich mit einem Außeneinsatz los. Der Grund: ein Bürger hatte Beschwerde eingereicht und wir mussten daraufhin ein Waldgrundstück kontrollieren.

Der Zivilschutz ist für die Natur in Braga verantwortlich und kümmert sich beispielsweise darum, dass Grundstücke verkauft, Bäume kontrolliert und Wespen ordnungsgemäß bekämpft werden. Um nur einen Bruchteil zu erwähnen.

Die Zeit beim Zivilschutz war weiterhin geprägt durch mehrere Außeneinsätze. In einem großen Theater musste die Umsetzung der Feuerschutzmaßnahmen überprüft werden. Dazu kamen viele Feuerlöscher und sogar künstlicher Nebel zum Einsatz - mit dem Ergebnis, dass das Theater im Falle eines Brandes einwandfrei vorbereitet wäre.

Eindrucksvoll war auch unser Besuch im Rathaus, wo wir ein Protokoll zur Bekämpfung der Waldbrände, die in Portugal wüteten, vom Bürgermeister und dem Militär gegenzeichnen ließen.

Am letzten Arbeitstag dieser Woche hat zu meinem Abschied ein Essen stattgefunden, bei dem wir in großer Runde die Tagesspeise "Cot-Fish" (portugiesisch Bacalhau), eine ausgezeichnete portugiesische Spezialität gegessen haben. Obwohl ich eigentlich immer fand, dass Fisch nicht schmeckt, war ich von dieser Mahlzeit positiv überrascht.

Ein Arbeitskollege des Civil Protection Department

Viel Zeit zum Verdauen blieb jedoch nicht. Die Löschhubschrauber für die Waldbrandbekämpfung benötigten einen neuen Wasservorrat, sodass wir am Abend noch mit viel Kraftaufwand dafür sorgten, dass die Hubschrauber ihre Arbeit ausführen konnten. Dazu mussten wir in den Wald eine Pumpe transportieren und aktivieren, damit das Löschwasser aus einem nahegelegenen Wasserbecken entnommen werden konnte. 

Parque de Campismo e Caravanismo Municipal de Braga

 
Einen herzlichen Empfang erlebte ich auch in meiner dritten und letzten Woche, die leider viel zu schnell umging, auf dem städtischen Campingplatz. Die Kolleg*innen waren alle ziemlich witzig, weswegen ich nach Feierabend immer wieder einen Muskelkater im Gesicht hatte, weil ich so viel gelacht habe. Der Campingplatz war im Gegensatz zur Farm oder dem Zivilschutz ein Arbeitsplatz, an dem man endlich selbst Hand anlegen konnte. Ich durfte sofort die Besucher ein- und auschecken. Und da wir Mitte Juli hatten, war er sehr belebt und ich hatte viel zu tun. Wir hatten tolle Gespräche über Ausflugsziele, Wetter u.a. mit den Besuchern. Ich habe auch einige aus Deutschland getroffen, was zur Abwechslung auch mal ganz schön war, weil ich nach drei Wochen Englisch auch einmal wieder etwas deutsch sprechen konnte.

Persönliche Entwicklung

Abschließend kann ich über die Zeit meines EU-Praktikums sagen, dass es eine der aufregendsten und lehrreichsten Zeiten meines Lebens war.

Vor allem zu meiner persönlichen Entwicklung hat dieses Praktikum viel beigetragen. Ich war die erste Person, die das EU-Praktikum in Braga alleine absolviert hat. Ich mag Herausforderungen im Leben und da ich diese auch gerne eigenständig angehe, war das Praktikum perfekt für mich.

Die Anreise nach Braga zu meinem Hotel war zugegebenermaßen ziemlich herausfordernd, da ich die ÖPNV-Verbindungen dort sehr unorganisiert in Erinnerung habe, aber mit Hilfe von portugiesischen Einwohnern habe ich nach vier Stunden mein Hotel erreicht. Die Portugiesen sprechen ziemlich ungern Englisch, vor allem die ältere Generation. Das liegt daran, dass diese im Schulunterricht statt Englisch, Französisch gelernt haben. Auch ich bin seit meiner Schulzeit nicht mehr so geübt gewesen, aber mit Händen und Füßen konnte man sich dann doch verständigen.

Während meines Aufenthaltes in Braga hatte ich die Möglichkeit, mich viel mit mir selbst zu beschäftigen. Ich stellte mich Herausforderungen, die ich mir mit einer Begleitperson dort nicht gestellt hätte. Das war auch der Grund, warum ich die Reise nach Braga allein durchführen wollte. Einfach mal auf mich gestellt sein und alles selbständig meistern. Und das hat auch ziemlich gut geklappt.

Ich kam mit den Einheimischen super zurecht Und habe zudem meine Freizeit mit vielen Unternehmungen angereichert z.B. eine Übernachtung in Porto, wo ich junge Leute aus Brasilien und Frankreich kennengelernt habe

Außerdem hatte ich keine Verpflegung in meinem Hotel in Braga, weshalb ich jeden Tag 20.000 Schritte gelaufen bin. Jeden Tag habe ich neue Restaurants aufgesucht, um nicht ständig dasselbe essen zu müssen und ich bin alle Wege zur Arbeit zu Fuß gegangen (die größte Distanz war zum Campingplatz mit jeweils 40 Minuten Hin-und Rückweg)

Durch viele Gespräche mit meinem portugiesischen Arbeitskolleg*innen habe ich im Vergleich zu meinem Leben in Deutschland ein vielseitigeres Bewusstsein entwickelt, zu Themen wie z.B. Lebensstandard, Armut und Reichtum, Umweltschutz, Umgang mit Kindern, Religion. Ein Arbeitskollege zeigte mir seine Gehaltsabrechnung (850,00 Euro netto). Man könnte vermuten, dass die Preise zum Lebensunterhalt dem Verdienst angepasst wären, aber auch das ist nicht der Fall. Die Discounter haben dieselben Lebensmittelpreise wie hier in Deutschland. Ich verstehe daher gar nicht, wie der Arbeitskollege bzw. die Menschen mit einem ähnlich niedrigen Gehalt, ihren Lebensunterhalt damit bestreiten können.

Und da wurde mir bewusst, dass man natürlich immer einen Grund findet, um zu meckern, aber es wichtig ist, dass man sich vor Augen hält, dass es einem im Vergleich zu anderen Ländern doch wirklich sehr gut geht.

Durch meine Reise habe ich mich also aufgrund der kulturellen Vergleiche persönlich enorm weiterentwickelt und bin dankbarer zurück nach Deutschland gekommen und betrachte vieles aus einem ganz anderen Blickwinkel.

Erläuterungen und Hinweise

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