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Wuppertal goes Europe

Auszubildende und Ausbilder*innen berichten aus dem Praktikum

Nicole Schorn in Szczecin (Stettin)

Nicole Schorn arbeitet bei der Feuerwehr im Bereich Finanzen, Controlling, Beschaffungen, Allgemeine Verwaltung und ist Ausbilderin. Sie absolvierte ein EU-Praktikum vom 27.06.2022 bis 08.07.2022 in der Internationalen Abteilung in der Stadtverwaltung Szczecin.

Mit dem ICE ging es Richtung Stettin.

Nach nur einem Umstieg in Pasewalk, ist Stettin in 8 Stunden sehr gut und unkompliziert zu erreichen. Mit dem Taxi ging es dann zügig in nur 15 Minuten in mein Appartement nahe des Rathauses.

Szczecin hat eine sehr gut ausgebaute Infrastruktur. Es gibt einen Flughafen, viele verschiedene Straßenbahnen und Buslinien, Taxiunternehmen und E-Scooter Angebote. Auch zu Fuß kommt man leicht zurecht, denn im Gegensatz zu Wuppertal ist Stettin eine Stadt ohne große Höhenunterschiede.

Die Universitätsstadt ist mit rund 400.000 Einwohner*innen die siebtgrößte in ganz Polen. Sie liegt an der Mündung der Oder.

Die historische Altstadt wurde im II. Weltkrieg schwer zerstört und nur teilweise wiederaufgebaut. Dennoch, Stettin ist sehenswert mit ihren imposanten Gebäuden: Philharmonie, Greifenschloss, Jakobskathedrale oder dem Glockenturm mit seiner Aussichtsplattform und Blick auf das Stadtzentrum und nicht zuletzt der Hakenterrasse, dem bekanntesten Bauensemble der Stadt.

Mit Spannung erwartete ich meinen ersten Tag bei der Stadtverwaltung Stettin (Urząd Miasta Szczecin)

Bereits vor dem Praktikum hatte mir meine Mentorin aus Stettin (Małgorzata Przytocka) angeboten, sie bei Fragen oder Problemen zu kontaktieren. Sie gab mir sogar ihre private Handynummer, damit ich sie jederzeit erreichen kann.

Diese herzliche und offene Art nahm mir die Aufregung vor dem ersten Arbeitstag und so freute ich mich sehr auf den Praktikumsbeginn am Montag.

Meine Mentorin empfing mich sehr herzlich im Rathaus. Die Stettiner nennen es auch liebevoll den "Spinatpalast". Der Begriff stammt aus der Zeit, in der das Gebäude mit grünem Putz bedeckt wurde. 

Das Rathaus - der Spinatpalast

Wir starteten damit, Formalitäten zu klären und das Praktikumsprogramm zu besprechen. Eines war meiner Mentorin aber genauso wichtig, wie das Praktikumsprogramm: ich sollte die Stadt Stettin und ihre Lebenskultur kennenlernen. 

In der Stadtverwaltung Stettin arbeiten mehr als 1000 Beschäftigte in 40 verschiedenen Abteilungen.

Bis auf wenige Ausnahmen, sind die Abteilungen im Stettiner Rathaus untergebracht. Die Internationale Abteilung, aber auch das Presseamt sind dem Büro des Stadtpräsidenten zugeordnet.

Bevor ich an meinem Arbeitsplatz ankam - einem Schreibtisch mit eigenem PC - lernte ich den Abteilungsleiter des Büros des Stadtpräsidenten, Herrn Kaczmarczyk kennen und natürlich das Rathaus selbst.

Frau Schorn (mitte) mit zwei ihrer Kolleginnen

Mein Praktikum in der Internationalen Abteilung

Auch hier wurde ich von meinen Kolleginnen der kommenden Wochen herzlich empfangen - und das in einem sehr gutem Deutsch oder Englisch.

Das Team der Internationalen Abteilung besteht normalerweise aus 11 Beschäftigten, die u.a. mit der Durchführung von INTERREG-Projekten im Rahmen der "Euroregion Pomerania" befasst sind. Es sind jedoch nicht alle Stellen besetzt und durch krankheitsbedingten Ausfall arbeiten aktuell nur 4 Mitarbeiterinnen in den verschiedenen EU-Projekten der Internationalen Abteilung.

Diese Projekte sollte ich in den nächsten 14 Tagen kennenlernen.

Ich hospitierte überwiegend und erfuhr eine Menge über Projektarbeit im Allgemeinen und im Besonderen. Eine spannende Erfahrung, denn mit der Durchführung von EU Projekten hatte ich bisher noch nichts zu tun.

Interreg-Projekte der Stadt Stettin im Rahmen der "Euroregion Pomerania"

Interreg ist eine Gemeinschaftsinitiative des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung, welche auf die Förderung der Zusammenarbeit zwischen EU-Mitgliedstaaten und benachbarten Nicht-EU-Ländern abzielt. Seit mehr als 30 Jahren werden damit grenzüberschreitende Kooperationen zwischen Regionen und Städten unterstützt, die das tägliche Leben beeinflussen (z.B. Energie und Klimawandel, Umwelt- und Ressourcenschutz, Arbeitsmarkt, soziale Themen und Verkehr).

In Stettin geht es um die grenznahe Zusammenarbeit zwischen Polen und Deutschland und darüber hinaus mit den skandinavischen Ländern:

INT 167 - Grenzüberschreitendes Netzwerk der Service-und BeratungsCentren als Motor der deutsch-polnischen Zusammenarbeit in der Euroregion Pomerania und im Landkreis Märkisch-Oderland.

Blick aus dem Rathaus in den Park

Das Service- und Beratungszentrums (SBC) besteht aus insgesamt 10 Standorten, davon befinden sich vier auf deutscher und sechs auf polnischer Seite.

Es geht um die Verbesserung der grenznahen Zusammenarbeit insbesondere zwischen Polen und Deutschland, aber auch der skandinavischen Länder. Akteure auf unterschiedlichen Ebenen, mit verschiedenen fachlichen Kontexten fördern das Zusammenwachsen in der Euroregion Pomerania.

Die Euroregion Pomerania umfasst die deutsch-polnischen Ländergrenzen. Dazu gehören derzeit das Gebiet der Wojewodschaft Westpommern im Nordwesten Polens sowie die Landkreise und Städte Nordostdeutschlands.

Das grenzüberschreitende Netzwerk unterstützt kleine und mittlere Unternehmen, Gemeinden, Institutionen, Vereine, Bildungseinrichtungen und Einzelpersonen bei grenzüberschreitenden Aktivitäten und führen Veranstaltungen durch zur Förderung des wirtschaftlichen Wachstums in der Region.

Weitere Partner der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit werden stetig akquiriert und langfristige Kooperationsprojekte und nachhaltige Kontakte initiiert.

INT 176 - Kontakt- und Beratungsstelle für polnische und deutsche Bürger*innen

Sie informiert u.a. polnische und deutsche Bürger*innen während der Eingliederungsphase im jeweiligen Nachbarland über rechtliche Grundlagen zur Arbeit in dem entsprechenden Land, vermittelt sie zu Ämtern, um die notwendigen Formalitäten zu erledigen oder zu Rechtanwälten bei schwer zu klärenden Situationen.

Durch die Vielzahl der Service- und Beratungszusammenhänge sind die Mitarbeiterinnen für verschiedene Arbeitsschwerpunkte verantwortlich, die ich kennen lernen durfte:

  • Wie sich ein polnischer Bürger mit einem Reisegewerbe über die Bedingungen grenzübergreifender Warenverkäufe informierte.
  • Wie ein anderer Bürger, der in Deutschland arbeitet, darüber informierte, wie Probleme mit Versicherungen und Arbeitsverträgen zu lösen sind.

Mein Wissen über das deutsche Steuerrecht und Versicherungen war gefragt, und so konnte ich der Kollegin ein wenig über verschiedene Rechtsthemen berichten. Mitarbeiten durfte ich bei der Bearbeitung der deutschsprachigen Internetseite. Dabei ging es um die Verständlichkeit der Texte und spezifische Begrifflichkeiten der Themenschwerpunkte.

Darüber hinaus gibt es die Bildungsprojekte in der Pomerania - gemeinsam leben und lernen

INT 131 - Nachbarspracherwerb von der Kita bis zum Schulabschluss - gemeinsam leben und lernen in der Europaregion Pomerania

sowie

INT 76 - Nachbarspracherwerb von der Kita bis zum Schulabschluss - der Schlüssel zur Kommunikation in der Euroregion Pomerania

Auch diese durfte ich kennen lernen: Das Bildungsprojekt hat zum Ziel, sprachliche, kulturelle und mentale Barrieren junger Einwohner*innen der Euroregion Pomerania zu überwinden. Die Kollegin zeigte mir Videos und Unterlagen zu Projekten, welche u.a. zweisprachige Bildungsangebote in der Kita, Grundschulen, Mittelstufen bis zu den weiterführenden Schulen fördern sollen.

In diesem Zusammenhang durfte ich auch Konzepte der verschiedenen Projekte, Projekt- und Medienberichte oder Flyer lesen, um einen besseren Einblick in die Arbeit zu bekommen.

Aufgabe der Mitarbeiterinnen der Internationalen Abteilung ist es, politische Veranstaltungen zu organisieren, die u.a. in der Villa Lenz stattfinden.

Ich freute mich bereits auf ein Benefizkonzert zugunsten ukrainischer Flüchtlinge in der Stettiner Philharmonie mit dem Staatssekretär aus Mecklenburg-Vorpommern, Herrn Heiko Miraß.

Leider musste das Konzert aufgrund von Corona kurzfristig abgesagt werden.

Alternativ interviewte der Norddeutsche Rundfunk Herrn Miraß und den Bevollmächtigten der Stadt Stettin, Herrn Gregorczyk. Er ist unter anderem für Flüchtlinge aus der Ukraine zuständig.

Im Anschluss an das Interview gingen wir gemeinsam essen. In lockerer Atmosphäre sprachen wir über dienstliche, aber auch über private Themen.

Spannend war auch die Ratssitzung am 05. Juni, dem Jubiläumstag der Übergabe der Stadt in die polnische Hoheit 1945. Ich konnte zwar nichts verstehen, weil in der Ratssitzung polnisch gesprochen wurde, aber allein im Ratssaal das Geschehen zu beobachten, hat sich gelohnt. Fünf Stettiner Bürger*innen wurde eine Ehrenauszeichnung der Stadt an diesem besonderen Tag für ihre besonderen Leistungen überreicht. Die Auszeichnung bekamen sie aufgrund ihres Engagement, z.B. in den Bereichen Kultur oder Sport. 

EU Projekte als Marketinginstrument für die Stadtverwaltung Stettin - geht das?

Ja, das funktioniert.

Öffentlichkeitswirksame Aktionen werden genutzt, um auf die kreativen Arbeitsansätze der Internationalen Abteilung aufmerksam zu machen, die den Bürger*innen der Stadt sowie dem Zusammenwachsen der grenznahen Städte zugutekommen.

Dazu zählen Veranstaltungen (wie oben beschrieben), Websites zum Projekt, Imagefilme, Flyer und Giveaways.

Ich kann mir gut vorstellen, dass die Mitarbeiterinnen durch ihre vielseitigen Dienstleistungen einen Beitrag zum guten Image der Stadtverwaltung leisten.

Skandinavisches Haus

Und nun noch ein kleines Highlight: Das Skandinavische Haus / Dom Skandynawski /Scandinavian Meeting Point

Das skandinavische Haus ist ein großes Wohnhaus, welches von der Firma Ikea bezogen und eingerichtet wurde. Ikea nutzte das Haus für ein Jahr, präsentierte dort ihre Möbel und stellte den "modernen skandinavischen Lebensstil von morgen" vor.

Und so hieß es im Werbeslogan auch: Das "Haus von morgen".

Das Skandinavische Haus wurde der Stadt Stettin überlassen, um interkulturelle Begegnungen oder konzeptionelle und gestalterische Treffen zu ermöglichen.

Veranstaltungen, wie internationale Konferenzen, Branchen-, Kultur- und Bildungstreffen, Ausstellungen und Workshops werden von den Mitarbeiterinnen hier organisiert und durchgeführt.

Und da das Haus sehr repräsentativ ist, werden auch offizielle Gäste empfangen, z.B. der skandinavische- Botschafter.

Zu den Aufgaben der Mitarbeiterinnen gehört es auch, die polnisch-skandinavische Kooperation zu gestalten bzw. zu koordinieren. Jedes Jahr finden u.a. die "Skandinavischen Tage" statt, um die besondere Zusammenarbeit zu feiern.

Ein buntes Angebot!

Wie sich sehr schnell herausstellte, geht das Konzept auf. Auch ich nutzte die Räumlichkeiten des Hauses und durfte erleben, wie ein besonderer Ort positiv auf das eigene Befinden und die Arbeitskraft wirkt - denn es fiel mir hier viel leichter an meinem Bericht zu arbeiten! Inspiration benötigten vielleicht auch die Schüler*innen einer Deutschstunde. Ich fand in einem der Räume noch Schulungsinhalte des vergangenen Seminares an einem Whiteboard. 

Dieses Haus wird vielseitig genutzt:

Student*innen der Universität Stettins absolvieren im Skandinavische Haus regelmäßig Praktika. Der Fokus liegt dabei auf "Internationale Zusammenarbeit" und "Social-Media-Marketing".

Beata betreute aktuell 7 Student*innen 1- bis 2-mal pro Woche, die unter anderem Werbekampagnen für das Skandinavische Haus erstellen.

Desk Sharing, Mobiles Arbeiten oder verschiedene Workspaces, all dies sind Begriffe des Arbeitsplatzes von morgen.

Im Skandinavischem Haus wird es gelebt.

Mir bleiben noch ein paar Infos zu den Nachwuchskräften der Stadt Stettin

Der Einstieg für Nachwuchskräfte der Stadtverwaltung Stettin ist nicht vergleichbar mit der Ausbildung bei der Stadt Wuppertal.

Neue Mitarbeiter*innen, die sich auf eine Stelle bewerben, haben in der Regel bereits einen Hochschulabschluss (mind. Bachelor-Titel).

Jede/r Neueinsteiger*in hat den sog. "Vorbereitungsdienst" abzuschließen - eine Reihe von Fachseminaren zu rechtsspezifischen Themen. Der Vorbereitungsdienst dauert etwa 3 Monate, findet innerhalb der ersten 6 Monate nach Arbeitsbeginn statt und endet mit einer schriftlichen und mündlichen Prüfung. Mit einer bestandenen Prüfung treten die Mitarbeiter*innen offiziell in den öffentlichen Dienst ein.

Ob dienstlich oder privat, es war eine tolle Zeit in Stettin!

Zu erfahren, wie in anderen Ländern und Städten gearbeitet wird und aus der eigenen Komfortzone auszubrechen: es lohnt sich.

Die Arbeitsatmosphäre im Skandinavischem Haus hat mich besonders beeindruckt. Mit Sicherheit werde ich die Angebote der Stadt Wuppertal im Rahmen der "Arbeit der Zukunft" nutzen und so gut es geht meinen Auszubildenden vorleben, wie diese Form der Arbeit effektiv gestaltet werden kann.

Ich merke auch, dass ich eigene Arbeitsabläufe und alltägliche dienstliche Situationen kritisch betrachte und mich frage, ob ich das ein oder andere zukünftig anders organisiere.

Mir wurde von allen Kolleginnen eine Gastfreundschaft entgegengebracht, mit der ich im Vorfeld nie gerechnet hätte.

Eins steht fest: Dies war zwar mein erster Aufenthalt in Stettin, aber definitiv nicht mein letzter!

Erläuterungen und Hinweise

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