Erste Praktikantin weltweit unterwegs: Südafrika
Janne Lohse ist Tierpflegerin im Grünen Zoo Wuppertal, Auszubildende im 2. Ausbildungsjahr und sie war 4 Wochen vom 14.05. -10.06.23 in Bela-Bela Südafrika in der Wild Cats World.
Was sich dahinter verbirgt und was sie alles Spannendes erlebt hat, können Sie in Ihrem Kurzvideo sehen und in ihrem ehrlichen und offenen Bericht lesen …
Warum Südafrika und … meine vielen ersten Male
Schon immer hat mich Afrika als ganzer Kontinent fasziniert; ausgelöst durch sehr viele Naturdoku-Abende mit meinem Vater. Diese Weiten und diese Unendlichkeit, die ich in den Dokus sah, konnte ich gar nicht begreifen, weil sie so anders waren als dass, was ich bisher in Deutschland gesehen hatte. Also dachte ich mir, jetzt nutze ich mal richtig das "+" im "ERASMUS+ Programm" und gucke was geht. Ich glaube, ich habe eine Woche gebraucht, um nach der Zusage der "Wild Cats World" zu realisieren, dass ich wirklich nach Südafrika fliege.
An dieser Stelle kommen wir zu meinen vielen ersten Malen. Ich bin bis dahin noch nie in meinem Leben geflogen. Ich bin für diese Reise das allererste Mal in ein Flugzeug gestiegen und es war sogar ganz okay. Mir ist nicht schlecht geworden, ich konnte sogar schlafen und hab veganes Essen bekommen. Ebenfalls war das Praktikum meine erste Reise außerhalb Europas. Ich glaube, Irland war vorher meine weiteste Entfernung von Deutschland.
So ganz alleine war ich vorher sogar nur in Deutschland unterwegs und vier Wochen am Stück war ich auch noch nie irgendwo, auch nicht im Sommerurlaub als Kind.
Also vier extreme erste Male, an die ich anfangs sehr gelassen, kurz vor Abflug dann aber doch etwas panisch angegangen bin.
Mein Praktikumsort: Wild Cats World (WCW)
Für mich war von Anfang an klar, dass ich das ERASMUS+ Praktikum dafür nutzen möchte in eine Auffangstation zu gehen und nicht in einen Zoo. Ebenfalls war klar, dass ich mit Raubtieren arbeiten möchte, da mich diese Tiergruppe am meisten begeistert. Das Problem an dieser Idee war, dass Auffangstationen oft kleine non-profit-Organisationen sind, die grade im Ausland keinen Internetauftritt haben. Also bin ich zu der Revierleiterin des Raubtier-Reviers im Zoo gegangen und habe sie gefragt, ob sie eine ernstzunehmende Auffangstation für Katzen kennt. Unsere Revierleiterin hat auf meine Frage folgendermaßen geantwortet: "Ja klar, eine Bekannte von mir hat eine Auffangstation für Katzen in Südafrika." Ich bin aus allen Wolken gefallen. Sie hat mir die Kontaktdaten geschickt, ich habe eine Bewerbung geschrieben, und schon stand ich in Südafrika, drei Stunden nördlich von Johannisburg, mitten in der Wildnis.
Die "Wild Cats World“ ist eine non-profit-Organisation die 2010 von einer Niederländerin ins Leben gerufen wurde und seitdem von ihr geführt wird. Nach einem Umzug aus dem Osten Südafrikas an den jetzigen Standort, beherbergt die 25 Hektar große Farm 9 Afrikanische Leoparden, 3 Karakale, 1 Gepard und 8 Servale. Diese Tiere stammen alle aus schlechten Lebensumständen. Die häufigsten sind folgende:
- Mutter von Wilderern erschossen, Jungtier musste aufgezogen werden
- Haltung als Haustiere in Privathand
- Haltung in unnatürlicher Umgebung, Interaktion mit Menschen, Zirkus
Die Tiere haben demnach eine ganz andere Herkunft als bei uns im Zoo, wo sie seit Generationen gezüchtet werden und unter den Zoos getauscht werden.
Das Thema Auswilderung ist in Südafrika noch komplexer als bei uns in Deutschland. Grundsätzlich gilt, Auswilderungen sind extrem aufwändig, extrem teuer, müssen extrem gut geplant sein und du brauchst gut ausgebildete Menschen. Die WCW hat wenig Geld, wenige gut ausgebildete Menschen und wenig Kapazitäten, um eine Auswilderung gut zu planen. Schlechte Voraussetzungen. Die Auswilderung von Servalen ist vor einiger Zeit gelungen, die von Leoparden ist allerdings gescheitert.
Es arbeiten insgesamt vier Festangestellte in der WCW. Allerdings ist niemand von ihnen gelernte*r Tierpfleger*in oder ähnliches. Alle Mitarbeitenden sind Menschen aus der Umgebung, die eine Arbeit gesucht haben. Neben mir gab es noch zwei weitere Praktikantinnen aus Frankreich und Deutschland. Die ersten zwei Wochen habe ich mit der Chefin zusammengearbeitet, bevor sie wieder zurück in die Niederlande geflogen ist.
Mein neuer Alltag
Ausgestattet mit einer südafrikanischen SIM-Karte mit 2 GB kam ich auf dem Gelände der WCW an. Untergebracht wurde ich in dem großen Farmhaus am Ende des Geländes. Es ist durch einen Stromzaun und ein elektrisches Rolltor abgetrennt von der Fläche mit den Tiergehegen. Ich hatte mein eigenes Bad mit fließend-heißem Wasser und die Küche habe ich mir mit der französischen Praktikantin und einem der südafrikanischen Angestellten geteilt. Mein Zimmer war etwas provisorisch mit Raumteilern und Gardinen von der Wohnküche abgetrennt. Nachts habe ich immer die Hunde auf dem Sofa schnarchen gehört. Anfangs fand ich das etwas störend, nach ein paar Tagen habe ich mich dadurch jedoch sehr wohl und sicher gefühlt.
Zum Frühstück wurden allen simple Cornflakes mit Milch gestellt. Ich habe zusätzlich auch eine warme Mahlzeit pro Tag bekommen, bei der sogar drauf geachtet wurde, dass ich mich vegan ernähre. Mein Essen bestand zwar meistens nur aus einer Sorte von Gemüse, die etwas gewürzt war, trotzdem hätte ich nicht erwartet, dass Rücksicht genommen werden würde. Jeden Mittwoch gab es den „Town Trip“, wo wir in die nächstgelegene Stadt Bela-Bela gefahren sind, um sowohl Besorgungen für die Tiere, als auch für uns Menschen zu erledigen. So wurden wöchentlich große Futtersäcke für die Hunde, Hauskatzen, Esel, Kaninchen und Hühner gekauft; bei der Tierarztpraxis und der Müllkippe vorbeigefahren und gefrorene Suppenhühner für die Wildkatzen gekauft. Die Town Trip haben dann auch immer den ganzen Tag eingenommen. Bela-Bela ist eine Stadt in der südafrikanischen Provinz Limpopo und hat 45.000 Einwohner. Der Name kommt vom Nord-Sotho-Begriff bela, der ‚kochend‘ bedeutet und sich auf die natürlichen heißen Quellen bezieht, für die Bela-Bela bekannt ist. Die Straßen waren voller Menschen und kleinen Ständen an denen Holz, Gemüse oder Kleidung verkauft wurde. Unter großen Bäumen haben die Menschen eine Pause von ihrer Arbeit gemacht und im Gras sitzend Mittag gegessen.
Was auch zum Alltag wurde: Wenn ich in einer Pause auf der Farm einmal kurz stehen geblieben bin oder mich hingesetzt habe, kam immer eine der Hauskatzen an und wollte gestreichelt werden. Das habe ich immer sehr genossen und hat mich stets aufgemuntert. Auch wenn ich danach immer voll mit Kratzern und Katzenhaaren war.
Mein Arbeitstag im Vergleich zur Zooarbeit
Die fünf Arbeitstage jede Woche sahen meist relativ gleich aus. Um 7 Uhr war Arbeitsbeginn. Zuerst wurden die domestizierten Tiere auf dem Farmgelände (Hauskatzen, Kaninchen, Meerschweinchen, Mäuse, Ratten, Hühner) mit frischem Futter und Wasser versorgt. Anschließend wurde das am Vortag präparierte Futter für die Wildkatzen auf Eimer und eine Sackkarre verteilt, mit denen wir dann mindestens zu dritt loszogen um die Wildkatzen zu füttern.
Genauso wie im Zoo, haben wir auch jeden Morgen einen Blick auf die Tiere geworfen, um zu beurteilen, ob sie sich normal und gesund verhalten oder ob etwas auffällig ist. Nach dem Füttern war dann erstmal Kaffeepause, in der ich meistens noch eine zweite Schale Müsli gegessen habe und meine Schicht Sonnencreme erneuert habe. Morgens war es oft noch sehr kalt (10 - 15 Grad) und ich war froh über meine Fleece-Jacke, Handschuhe und Halstuch. Nach der Kaffeepause waren es dann auf einmal 25 Grad und pralle Sonne. Trotz dieser hohen Temperaturen hatte ich immer meine lange Arbeitshose an, da ich mich wenigsten etwas vor Zecken, Schlangen und sonstigen Unannehmlichkeiten schützen wollte.
Nach der Pause sind die Mitarbeiter*innen losgezogen, um sich um das Farmgelände zu kümmern: Wege freizuhalten und Zäune zu reparieren. Wir Praktikantinnen haben dann alle 1 bis 2 Tage die Anlagen der Wildkatzen gereinigt. Die Leoparden mussten wir dafür immer umsperren. In der Auffangstation gibt es mehrere Leoparden, die in kleinen Gruppen zusammenleben, sodass wir die Tiere zusammenlassen konnten. Bei den Servalen, Karakalen und Geparden sind wir zu den Tieren auf die Anlage gegangen. Bei den kleineren Arten birgt das kaum ein Risiko und wird in Zoos genauso gemacht, wenn die Tiere daran gewöhnt sind. Je nach Tag und Zeit haben wir auch noch die Gehege der Kaninchen und Ratten gereinigt. Die Reinigung hat meistens den Großteil des Tages eingenommen.
Um 16 Uhr trafen sich dann alle Mitarbeiter*innen und Praktikantinnen am Futterraum, um die Portionen für den Abend und den nächsten Morgen vorzubereiten. Gemüse, Obst und Fleisch wurde geschnibbelt und portioniert. Wir haben hauptsächlich Wildfleisch verfüttert, dass in 2kg Stücken eingekauft wird. Es war eine wilde Mischung aus Zebra, Impala, Kudu, Nyala und diversen anderen Antilopen, die dort geschossen werden wie bei uns Rothirsch und Reh. Nach vollendeter "food-preparation" ging es dann los zur Abendfütterung. Alle Tiere, bis auf die Leoparden und die Karakale, wurden jeden Tag zweimal gefüttert. Die Portionsgröße war für jedes Tier aufgrund von Alter und Gewicht individuell angepasst.
Im Großen und Ganzen waren meine Aufgaben sehr ähnlich zu denen im Wuppertaler Zoo. Im Zoo fangen wir meistens um 8 Uhr an und machen bei den Raubtieren auch eine morgendliche Futterrunde. Das Fleisch wird im Zoo auch schon einen Tag vorher vorbereitet, allerdings ist mir aufgefallen, dass die Vorbereitung in Deutschland hygienischer und durchdachter ist. Wir verfüttern im Zoo auch kein Wildfleisch. Die großen Raubtiere wie Löwen und Tiger bekommen in Wuppertal primär Rind, und die kleineren Raubtiere Ratten und Mäuse. Die Kaninchen, Meerschweinchen, Ratten und Mäuse, die bei WCW auf dem Gelände wohnen, sind Futtertiere und werden von den Mitarbeitenden eigenhändig abgetötet. In Wuppertal machen wir das zwar auch, jedoch bekommen wir Kaninchen einmal die Woche geliefert und töten sie nicht selber.
Ich wurde bei viele Dingen gefragt, wie wir das im Wuppertaler Zoo handhaben. So konnte ich mein gewonnenes Fachwissen weitergeben und in der Auffangstation sogar einige Arbeitsweisen verbessern, was mich sehr gefreut hat.
Mein Blick auf Südafrika
Mir ist leider vor allem aufgefallen, dass es in Südafrika immer noch sehr viel Rassismus und Benachteiligung aufgrund der Hautfarbe gibt. Ich weiß zwar, dass Südafrika noch sehr durch die „Apartheid“ (1948 – ca. 1994) geprägt ist, trotzdem schmerzt es dieser Ungerechtigkeit machtlos gegenüber stehen zu müssen.
Ich habe aber auch positive Beobachtungen gemacht. Südafrika ist eine echte „Service Gesellschaft“. An den Supermarktkassen stehen Einpacker*innen, die die Einkäufe in Tüten packt. Zusätzlich gibt es in Geschäften mindestens zwei Mitarbeitende, die einem helfen, die Einkäufe zu tragen und sogar ins Auto zu laden. In den Malls, in denen wir eingekauft haben, waren immer Mitarbeitende, die den Boden gewischt haben, sodass immer alles sauber war.
Das Security Personal welches mehrheitlich weiblich ist, war auch sehr präsent. Aufgefallen ist mir auch eine Vielzahl an Lebensmitteln, die mit Vitaminen und Mineralien angereichert sind. Auch Marken, die wir bei uns in Deutschland haben, sind mit diesen Zusätzen. Sogar Dr. Oetker habe ich dort im Tiefkühlregal gesehen.
Noch etwas Kurioses, was einem vorwiegend in den Malls auffällt, ist „Loadshedding“. Südafrika hat zwar weitestgehend ein Stromnetz aber nicht genügend Strom. Also, weil zu wenig Geld und zu wenig Leistung vorhanden sind, wird mehrmals am Tag für einige Stunden der Strom in ganzen Gebieten abgestellt. Auch in Malls. Westlich geprägte Einkaufsläden haben Notstromaggregate, damit die Kühlkette nicht unterbrochen wird und die für Licht sorgen. Wir waren aber auch in Läden, wo wir dann im Halbschatten weiter eingekauft haben.
Aber das Gewöhnungsbedürftigste für mich: Zur Begrüßung gehört in Südafrika immer ein "how are you?". Egal ob an der Tankstelle, an der Kasse oder auf Safaris, immer kam diese Floskel dazu. Ich habe mich bis zum Ende nicht daran gewöhnen können. Als typische Ostwestfälin ist Small Talk nicht so mein Ding und ein einfaches "Hallo" hätte mir vollkommen gereicht. Trotzdem habe ich natürlich versucht mich anzupassen und immer freundlich geantwortet, dass es mir gut geht und gefragt wie es der anderen Person geht.
Nun zum Straßenverkehr. Die Parkbuchten, die ich gesehen habe, waren um einiges größer als in Deutschland, weil viel mehr Pick-ups und Geländewagen gefahren werden. Oft sind Grundstücke wie Reservate nur über Schotterstraßen erreichbar und wenn es dann mal geregnet hat, braucht man eben einen großen Truck mit viel Power und Vierradantrieb. Ich habe auch kein einziges Schwarzes Auto gesehen, wahrscheinlich, damit die sich nicht zusätzlich aufheizen. In Südafrika wird außerdem links gefahren, und ich habe bis zum Ende die Straßenführung in der Stadt absolut nicht verstanden. Ist man erstmal auf den Autobahnen, ist es okay, aber in der Stadt war ich immer sehr froh, dass ich nicht fahren durfte oder musste. Was mich im Straßenverkehr allerdings etwas mehr geschockt hat waren Straßenschilder wie "Crime Allert! Do not stop for next 5 km". Die Armut in Südafrika beträgt 50% und dementsprechend hoch ist auch die Kriminalitätsrate. Gerade in touristischen Gebieten muss man echt auf sich und seine Sachen aufpassen.
Nun aber zu einem der schönsten Unterschiede zu Deutschland: der Himmel. Auf dem Gelände der WCW, gab es quasi gar keine Lichtverschmutzung. Ich glaube die Milchstraße gesehen zu haben und habe gar nicht erst versucht die Sterne zu zählen, so viele waren es. Wo findet man das in Deutschland noch?
Mein Highlight
Mein Highlight heißt "Nikita". Nikita ist eine junge, extrem gut ausgebildete, motivierte und herzliche Südafrikanerin, die auf fünf von sechs "game drives" mein Guide war. Game drives sind kleine Safaris bei den ich für zwei Stunden durchs riesige, private Reservat "Mabalingwe" gefahren bin (8000 Hektar!!).
Mein erster game drive war ein "Bird Drive" bei dem man speziell nach Vögeln Ausschau hält (ich mag Vögel). Das war nicht nur mein erster Bird Drive, sondern auch Nikitas. Viele Fragen konnte sie mir beantworten, aber manche auch ich ihr. Wir haben in diesen zwei Stunden ganz viel zusammen gelernt, ab und zu mit der Hilfe von Google. Sie hat mir stets die englischen Namen der Vögel gesagt und ich habe akribisch mitgeschrieben was wir gesehen haben. Auf ihre Frage, warum ich das alles aufschreibe konnte ich nur antworten: "mein Gedächtnis ist echt schlecht und ich will später noch wissen, was wir alles gesehen haben."
Sie konnte mir nicht nur Geschichten zu vielen der Tiere erzählen, sondern auch viel über die Natur an sich und wie ihre Ausbildung zum Guide abgelaufen ist. Sie erzählte von giftigen Bäumen aus deren Holz man besser kein Feuer anzünden sollte, von einem riesigen Gewächs, von dem niemand genau weiß, ob es ein Kaktus oder ein Baum ist, von Vögeln, die sich bei dem Versuch eine Partnerin zu finden zu Tode stürzen, wenn sie nicht schnell genug vorm Boden abstoppen und noch so viel mehr.
Es gab sehr viele Reservate, in denen ich game drives hätte machen können, ich bin immer wieder nach Mabalingwe gefahren und wurde immer wieder damit belohnt Nikita als meinen Guide zu haben. Wir haben sogar Nummern ausgetauscht und wenn ich irgendwann in den Kruger National Park fahre, was ich ihrer Meinung nach MUSS, dann kommt sie auch und wir gehen wieder zusammen auf Safari.
Für die Nerds unter euch, einige meiner außergewöhnlichsten Sichtungen: Buschbock, Klippspringer, Wiedehopf, Perl-Sperlingskauz, Gleitaar, Schreiseeadler, Schlangenhalsvogel, Riesenfischer, Hammerkopf, aggressive Elefanten.
Persönliche Entwicklung
Ich bin eigentlich kein Mensch der Heimweh hat. Hatte ich eigentlich nie. Aber ich war auch noch nie so lange weg. Mich hat wirklich überrascht, dass das mit das schwerste war. Wenn der Arbeitstag beendet war, war auch mein Tag beendet. Es ist um 18 Uhr dunkel geworden, also konnte ich nichts mehr draußen machen. Die anderen Praktikantinnen und Mitarbeiter haben sich zurückgezogen und ihr Ding gemacht, also hatte ich niemanden, mit dem ich mich unterhalten konnte. In Deutschland habe ich viele Hobbys und bin fast jeden Tag nach der Arbeit noch unterwegs. Im schlimmsten Fall koche ich was „Geiles“ und höre Podcasts. Das ging bei der WCW aber auch nicht. Ich bin davon ausgegangen, mich nach der Arbeit immer mit interessanten, inspirierenden Menschen unterhalten zu können, deshalb hatte ich weder Bücher mitgenommen, noch ausreichend Podcasts runtergeladen und mein Netz war auch viel zu schlecht, um was online zu hören oder zu gucken. Blöd gelaufen. Ich bin sonst wirklich gern allein und kann mich gut mit mir selbst beschäftigen, aber in dieser Situation habe ich mich oft einsam gefühlt. Ich konnte auch nur tagsüber telefonieren an einem bestimmten Platz auf dem Gelände, wo ausreichend guter Empfang war (Wildnis halt). Durch diese Einsamkeit habe ich gemerkt, wie wichtig mir meine Freunde und Familie sind und wie sehr ich sie doch brauche, ohne das so in meinem Alltag zu sehen. Ich habe mir vorgenommen (und auch schon umgesetzt) mehr Initiative zu zeigen und mir mehr Zeit zu nehmen, um mein soziales Umfeld zu pflegen.
Ich habe auf jeden Fall gelernt, was ich will und was ich brauche um glücklich zu sein.
Ich habe die Errungenschaften der Globalisierung echt schätzen gelernt, als ich aus Südafrika meine Cousine (die auch schon in Südafrika gelebt hat) auf Bali angerufen habe, um nach Rat zu fragen. Diese Unfähigkeit die Lebensumstände der Tiere und Menschen in dem Land langfristig zu ändern, hat mich extrem frustriert und belastet. Ich suche in Allem was ich tue einen Sinn und einen Nutzen und habe stets das Ziel vor Augen. Und vielleicht war dieser Moment in Südafrika, wo ich heulend mit meiner Cousine telefoniert habe und nicht wusste, wohin mit meinen Gefühlen und Gedanken, einer der schwersten Momente in meinem Leben. Manchmal habe ich meine Entscheidung verflucht und war abends glücklich wieder einen Tag geschafft zu haben.
Ich habe aber auch gelernt mich auf das Positive zu fokussieren: Die Natur war wunderschön. Die Tiere waren wunderschön. Es war immer sonnig und angenehm warm. Ich habe immer gutes Essen bekommen. Ich habe viel gelernt, was andere vielleicht nie erfahren werden.
Im Nachhinein bin ich wirklich dankbar, dass nicht alles perfekt war. Ich glaube an schwierigen Situationen wächst man viel mehr und kann viel mehr daraus lernen. Ich bin dankbar für dieses Projekt, für Martina und für alle, die während der Zeit für mich da waren.
Und ich weiß es hört sich klischeehaft an, aber man lernt so viel aus Erfahrungen im Ausland. Traut euch und macht dieses Praktikum. Nutzt diese wahnsinnig geile Chance, euch in allen Bereichen weiterentwickeln zu können.