Dana Mayer in Bradford (UK)
Dana Mayer ist Sachbearbeiterin und Ausbilderin im Bereich Schwerbehindertenangelegenheiten des Sozialamtes und zuständig unter anderem für die Prüfung von Widersprüchen sowie die Durchführung von Nachprüfungen. Im Rahmen Ihrer Ausbildertätigkeit für den gehobenen Dienst hat sie ein 3-wöchiges Auslandspraktikum im Sozialdienst für Erwachsene in Bradford UK absolviert.
Einsatzorte
Sozialdienst für Erwachsene - Arbeit für Menschen mit Behinderungen zwischen 18 und 65 Jahre.
Wissenswertes und Impulse
Die gute Netzwerkarbeit zwischen den Bereichen soziale Dienste, Gesundheitssystem und lokalen Bildungseinrichtungen ermöglicht eine ganzheitliche Unterstützung der Menschen. Im Fokus steht dabei nicht die Bedürftigkeit, sondern das Potenzial jedes Einzelnen. Der Sozialdienst für Erwachsene setzt sich aktiv für Teilhabe, Selbstbestimmung und die Wahrung der Menschenrechte ein. Bürgernähe ist dabei kein Schlagwort, sondern gelebte Praxis: Ein monatliches Forum fördert den direkten Dialog zwischen Nutzer*innen und Mitarbeiter*innen des Sozialdienstes – mit dem Ziel, den Service kontinuierlich weiterzuentwickeln.
Ein inklusives Projekt zielt darauf ab, Menschen mit Behinderung vor Wahlen zu unterstützen, damit diese sich eine fundierte Meinung bilden können. Die Angebote reichen von Aufbereitung wichtiger Informationen in leichter Sprache bis zum Üben an der Wahlurne.
Meine Mentorin Elaine ist für ihre herausragenden Leistungen und Verdienste für die Gesellschaft mit der Auszeichnung MBE (Member of the Order of the British Empire) von König Charles III. geehrt worden.
Sozial- und Bildungszentrum "School of Rock and Media" Ein weiteres Projekt unterstützt junge Menschen mit Behinderung dabei, in ein Beschäftigungsverhältnis zu kommen. Mit großem Engagement und viel Begeisterung vermitteln Tony Saunders und sein Team jungen Menschen die Fähigkeiten, die sie brauchen, um ein glückliches und unabhängiges Leben zu führen. Im Bildungszentrum werden junge Menschen auf das Arbeitsleben vorbereitet, darüber hinaus werden ihnen auch Lebenskompetenzen wie Kochen, Waschen, Umgang mit Geld oder richtiges Handeln in Notsituationen vermittelt. Im Sozialzentrum ist viel Platz um Kontakte zu knüpfen und Neues auszuprobieren, bei allem steht der Spaß im Vordergrund: ein Musikinstrument lernen in einem der Musikräume, Singen, einen eigenen Song aufnehmen, sich als DJ auszuprobieren, Tanzen, ein Instrument reparieren in der Werkstatt, Billiard spielen und vieles mehr!
Sicherheitskontrollen im Amtsgebäude sowie die New-Work-Ansätze in Bradford.
In Bradford ist der Zugang zum Amtsgebäude nur mit einem Mitarbeiterausweis möglich. Es ist in England ein typisches Bild, dass Mitarbeitende der Stadtverwaltung aber auch großer Firmen, ihren Mitarbeiterausweis umgehängt haben. Ohne Ausweis muss man sich an der Rezeption mit Namen, Uhrzeit und Ansprechperson im Amt in eine Liste eintragen. Da auch die Zwischentüren auf den einzelnen Etagen nur mit dem Mitarbeiterausweis zu öffnen sind, müssen Besucher*innen an der Rezeption abgeholt werden.
Von der Arbeit im Open-Space-Büro mit Desksharing bin ich positiv überrascht. Meine größte Sorge, dass ein konzentriertes Arbeiten aufgrund zu hoher Lautstärke kaum möglich ist, bewahrheitete sich nicht. Im Bradford Council gibt es kein Buchungssystem, so dass ich mir morgens einen freien Platz aussuchen konnte und mich freute, dass immer andere Kolleg*innen neben mir an den Schreibtischen saßen, mit denen ich ins Gespräch kam. Vorteile des offenen Bürokonzeptes sind für mich die kurzen Wege, die einfachere Kommunikation und eine engere Zusammenarbeit.
Querschnittsthemen
Personalentwicklung / Ausbildung
Bradford Council pflegt eine enge Kooperation zu der Universität und dem College in Bradford. Durch den Austausch über Studienaufbau und Studieninhalte sowie durch die 2 zu absolvierenden Praxisabschnitte wird eine praxisorientierte Ausbildung gewährleistet. Das Studium Soziale Arbeit dauert 3 Jahre und legt einen starken Fokus auf Diversität, Empathie und interdisziplinäre Zusammenarbeit. Anders als in Wuppertal gibt es in Bradford weniger freie Stellen als Auszubildende. Die hohe Qualität der Arbeit wird durch verschiedene Maßnahmen der Qualitätssicherung gewährleistet. Für eine stetige Weiterentwicklung haben die Mitarbeitenden monatliche Feedbackgespräche und Supervisionen mit Vorgesetzten. Darüber hinaus gibt es e-Learning-Programme, die zum Teil für die Mitarbeitende verpflichtend sind. Die eigene Arbeit und Arbeitsprozesse werden ständig reflektiert und wenn erforderlich optimiert.
Digitalisierung
Der Sozialdienst für Erwachsene arbeitet vollständig digital. Ähnlich wie im Schwerbehindertenrecht der Stadt Wuppertal ist die Arbeitsbelastung in diesem Bereich sehr hoch. Auch ist das Fachverfahren nicht optimal: so finden zum Beispiel Updates immer wieder während der Arbeitszeit statt. Durch das "productivity und safety" Projekt sollen Ineffizienzen identifiziert werden und die Arbeitsbelastung anhand von evidenten Daten sichtbar gemacht werden. Ziel des Projektes ist es, dass die Sozialarbeiter*innen zukünftig wieder mehr Zeit für die Arbeit mit den Menschen haben und gleichzeitig weniger Zeit für administrative Aufgaben benötigen. Das Projekt startete im Juli mit der Planungs- und Testphase, im August und September halten mehrere Mitarbeitende aus zwei Teams "mental health" und "learning disability" ihren Tagesablauf über 4 bis 6 Wochen so detailliert wie möglich fest. Durch ein digitales Tool (Google Workspace) soll dies für die Mitarbeitende so einfach wie möglich gehalten werden. Im September werden die Daten dann evaluiert.
Die barrierefreie Website von Bradford wird regelmäßig jedes halbe Jahr aktualisiert. Dafür werden die einzelnen Abteilungen aufgefordert, ihre Seiten auf Aktualität und Vollständigkeit zu überprüfen. Es gibt leicht verständliche Versionen der Informationen und Videos mit Untertiteln und Gebärdensprache. Die Bürger*innen haben die Möglichkeit über WhatsApp Kontakt zu der Stadtverwaltung aufzunehmen. Derzeit ist die Überlegung KI auf der Website einzusetzen, um die Suche für die Bürger*innen noch weiter zu vereinfachen.
Für die Mitarbeitenden wird aktuell eine Wissensdatenbank eingeführt, in der alle Informationen zentralisiert und leicht zugänglich sind. Dies soll den Mitarbeitenden die Arbeit erleichtern und so Zeit, Ressourcen sowie Geld sparen.
Inklusion
Bradford hat sich zum Ziel gesetzt, eine inklusive und gerechte Stadt zu sein, und es gibt eine Reihe von Initiativen, die darauf abzielen, das Verständnis und die Wertschätzung für die verschiedenen Kulturen und Gemeinschaften zu fördern. Barrierefreiheit ist in Bradford selbstverständlich und es gibt viele Beispiele die dies verdeutlichen: angefangen von der interkulturellen Kompetenz der Mitarbeitenden, über abgesenkte Bürgersteige, Blindenleitsysteme, Aufmerksamkeitsfelder im Straßenverkehr, Evac Chairs in vielen öffentlichen Gebäuden, Videos mit Gebärdensprache in Bussen und Zügen.
Aktuell werden kurze Videos von öffentlichen Gebäuden für die Website erstellt, damit Menschen z.B. mit Autismus, sich besser auf Ihren Termin im Amt oder einen Besuch der Stadtbibliothek vorbereiten können. In den Erklärvideos werden beispielsweise Informationen zu den Wegen für eine einfachere Orientierung, Barrierefreiheit, Toiletten oder Lichtverhältnisse vermittelt.
Eine Idee für Wuppertal
Ein Kollege aus Bradford berichtete mir von einer wirklich schönen Idee: vor Weihnachten stellt jedes Team den anderen Abteilungen die eigene Arbeit in einem kurzen (gerne auch lustigem) Video vor. Ziel ist ein besseres Verständnis für die Arbeit anderer Bereiche und eine bessere Vernetzung der einzelnen Bereiche. Dies kommt natürlich auch den Menschen in der Stadt zu Gute, da so ein besserer Service gewährleistet werden kann.
In Bezug auf die Stadtentwicklung und die Belebung der Innenstadt finde ich das Konzept des Darley Street Market für Wuppertal interessant, vielleicht für die Rathaus Galerie oder die City Arkaden in Elberfeld. Darley Street Market hat erst kurz bevor ich nach Bradford gekommen bin eröffnet. Gemeinsam mit den Kollegen habe ich dort gerne die Mittagspause verbracht. An verschiedenen kleinen Ständen konnte sich jeder sein Essen aussuchen: die kulinarische Auswahl ist groß: von Pizza, Burger, Pommes, über das für Bradford typische Curry, Sushi, Mexikanisch, Eis, Kuchen bis Café. Gegessen wird dann gemeinsam an einem der vielen Tischen entweder im Market oder auf der Dachterrasse mit Blick über die Stadt.
Fazit
Der Austausch mit Bradford hat mich nicht nur beruflich, sondern auch persönlich sehr bereichert. Einen prägenden Eindruck hat der respektvolle und wertschätzende Umgang der Kolleg*innen untereinander hinterlassen. Besonders beeindruckt hat mich, mit wieviel Begeisterung und Engagement sich das Team, für das Wohl jedes einzelnen Menschen in Bradford einsetzt. Ich möchte mich von ganzem Herzen bei allen bedanken, die mir diese großartige Chance ermöglicht haben. Den Kontakt zu den Kolleg*innen in Bradford, die mich so selbstverständlich und herzlich im Team aufgenommen haben, werde ich aufrechthalten. Ich komme gerne wieder nach England.