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Wuppertal goes Europe

Auszubildende und Ausbilder*innen berichten aus dem Praktikum

Andrea Stamm in Toulouse

Andrea Stamm ist Leiterin des Ressorts Klima und Nachhaltigkeit und Ausbilderin. Sie hat ein 2-wöchiges Praktikum im April/Mai 2024 in der Verwaltung der Toulouse Metropolregion absolviert.

 

Fachlicher Austausch in verschiedenen Abteilungen:

  •  Abteilung Europa international
  •  Abteilung Klima und ökologische Entwicklung
  •  Abteilung innovativer Campus und Hochschullehrer
  •  Abteilung allgemeine wirtschaftliche Entwicklung

Wissenswertes und Impulse

Die Metropolregion Toulouse, einige Kennzahlen:

  •  Lage: 681 km südlich von Paris, Toulouse ist Hauptstadt der „Région Occitanie“
  •  466.000 Einwohner*innen in Toulouse, 1,3 Millionen in der Metropolregion
  •  120.000 Student*innen studieren in der Metropolregion

 

Schwerpunkt des Praktikums war ein fachlicher Austausch in folgenden Themenbereichen:

Klimaanpassung 

Zentrales Problem in der Toulouse Metropolregion und vor allem der Stadt Toulouse sind häufigere und länger anhaltende Hitzeperioden. Über ein Messprogramm und tagesaktuelle Auswertungen werden besondere Hotspots identifiziert und Maßnahmen ergriffen.

Die Maßnahmen zielen zum einen auf eine Aufklärung und Beteiligung der Bevölkerung (Beispiel Befragungen und Beteiligungen über interaktive Karten z.B. zu kühlen Orten). Zum anderen werden auch strenge Vorgaben per Ortsrecht installiert, z.B. zu hellen Materialen für Dächer und Straßenbeläge, die den Albedo Effekt verstärken und das Wärmespeichervermögen mindern.

Darüber hinaus werden Angebote zur Aufenthaltsqualität in Hitzeperioden entwickelt, z.B. kostenlose Fahrten mit dem ÖPNV in extremen Hitzeperioden (die Fahrzeuge sind klimatisiert, das Erreichen von kühlen Orten im Außenbereich wird erleichtert) oder Öffnung der Schulhöfe für die Allgemeinheit in den Sommerferien. Alle Schulhöfe werden nach einem festgelegten Kriterienkatalog erfasst und bewertet. Je nach Bewertung (vor allem in Hinblick auf Hitzegefährdung) wird eine Priorisierung in Hinblick auf eine Umgestaltung festgelegt.

Neben den Schulhöfen sind auch die Garonne und die Kanäle ein wichtiger Ort der Erholung in Zeiten großer Hitzeentwicklung.

Circular Economy, hier: Waste to build (LIFE Projekt) 

Ziel ist die effiziente Nutzung von Ressourcen und die Widerverwendung von Materialien im Gebäudebereich. Das Projekt läuft über 4,5 Jahre, wird zu 55% von der EU gefördert und das Budget beträgt für die Metropolregion Toulouse ca. 1,15 Mio. € incl. Förderung.

Toulouse Métropole koordiniert das Projekt, an dem weitere 6 Akteure beteiligt sind. Weitere Unterstützer finden sich u.a. im Kreis europäischer Institutionen und Kommunen, z.B. die Städte Düsseldorf, Oslo und Zaragoza.

Von zentraler Bedeutung ist es, den gebrauchten Materialien einen Wert zu geben, das setzt eine Klassifizierung und Standardisierung voraus. Die Ziele sind sehr herausfordernd, u.a. eine Recyclingquote von 85% in der Metropolregion. Dies kann nur gelingen, wenn Partner und Projekte direkt adressiert und konkrete Erfolge erreicht werden – z.B. durch Installation eines Marktplatzes für Materialien, die zum Kauf angeboten werden und die Darstellung des damit verknüpften wirtschaftlichen Mehrwerts.

Aktuell konnten 58 Projekte auf den Weg gebracht werden. Unverzichtbare Voraussetzung ist eine ansprechende Kommunikation durch Projekte zum Anfassen – z.B. durch die Erstellung eines Tiny-Hauses ausschließlich mit 2nd Hand Materialien.

Grünplanung und Biodiversität

Wesentlich für die Aufenthaltsqualität und die Entwicklungsmöglichkeiten der Stadt und der Region ist es, ausreichend Grünflächen zu schaffen. Neben der geplanten Neupflanzung von 100.000 neuen Bäumen (zwischen 2020 und 2030), die Hälfte des Ziels ist bereits erreicht, siehe hierzu auch: 

… setzt das Projekt „Life Green Heart“ hierzu einen wesentlichen Meilenstein:

Eine in der Mitte des Flusses Garonne liegende Insel (I'ile du Ramier) soll renaturiert und den Anwohner*innen zur Verfügung gestellt werden. Die ehemals hier angesiedelte Messe, die einen hohen Versiegelungsgrad zur Nutzung hatte, ist schon verlagert worden, der Boden wird in seinen ursprünglichen Zustand zurückversetzt (Abräumen des Materials, Einsatz von bodenverbessernden Pflanzen, Aufbringen von Kompost u.a.).

2 Brücken, die nur für Fußgänger*innen und Radfahrer*innen zugelassen sind, verbinden das Erholungsgebiet mit den Wohngebieten auf beiden Seiten der Garonne.

Insbesondere die Uferbereiche der Garonne spielen eine hohe Bedeutung für die Biodiversität. Der natürliche Charakter der Ufervegetation soll weitgehend wiederhergestellt werden. Die Anwohner*innen werden an den Umgestaltungsmaßnahmen beteiligt und sollen in Zukunft die Möglichkeit haben, dauerhaft selber aktiv zu werden, z.B. durch „urban gardening“ Projekte.

Gerade in Zeiten des Klimawandels und verstärkt auftretender Hitzeinseleffekte hat diese zentral gelegene Fläche zukünftig als kühlender Zufluchtsort für zahlreiche Menschen eine hohe Bedeutung.

Klimabildung und Öffentlichkeitsarbeit

Sowohl die Verwaltungsmitarbeiter*innen, als auch die Öffentlichkeit werden kontinuierlich adressiert.

Beispiel sind:

  • Spielerische Anwendungen für die Mitarbeiter*innen der Kommunen im Bereich der Metropolregion – wie erreiche ich es, meinen Treibhausgasausstoß auf möglichst 2 Tonnen zu reduzieren? Die Verwaltung der Metropolregion ist für die Organisation in allen Kommunen zuständig, bzw. koordiniert.
  • Berichterstattung zur Nachhaltigkeit für die Politik und die breite Öffentlichkeit, hier werden z.B. in einem bebilderten Bericht oder im Internet mit Bezug zu konkreten Örtlichkeiten und Anwendungen die Erfolge mit dem Schwerpunkt Klima und Biodiversität aufgezeigt. 
  • Informationskampagne zum Thema Hochwasser (geplant). Schwerpunkt ist eine Darstellung über Schautafeln im öffentlichen Raum an stark frequentierten Plätzen. 

Fazit und Ausblick 

Ein sehr schöner und lehrreicher Aufenthalt!

Beeindruckend war die sehr hohe Arbeitsdichte und das hohe Engagement der Mitarbeiter*innen. 

Beeindruckend auch der hohe Einsatz beim Einwerben von Fördermitteln. Die Möglichkeiten einer EU-Förderung werden voll ausgeschöpft, der zu erbringende finanzielle Eigenanteil nicht in Frage gestellt, denn verbindlich festgesetzte und hierdurch erreichbare strategische Ziele stehen im Mittelpunkt.

Noch überzeugender sind die Projekte durch das damit verknüpfte praxisnahe Ergebnis! Der hohe Aufwand für die Antragstellung wird in Kauf genommen, auch wenn der Antrag bisweilen dem Umfang einer Master-Thesis nahekommt (Beispiel LIFE).

Nicht nur in finanzieller Hinsicht verbleibt der Eindruck viel stärkerer Durchgriffsmöglichkeiten als bei uns. Die Ziele, auf die man sich geeinigt hat, werden sehr konsequent umgesetzt, ein grundsätzliches Infragestellen oder bewusstes Blockieren ist nicht erkennbar – sehr beeindruckend!

 

Herausfordernd war die Sprache. Ohne gute Französischkenntnisse ist ein Aufenthalt kaum durchzuführen. Etwas schade war, dass erst ab 4 Wochen Aufenthalt ein Rechner zur Verfügung gestellt und somit ein aktives Mitwirken möglich wird. So blieb es beim „job-shadowing“ – was für mich persönlich eine gute und sehr lehrreiche Basis für das Praktikum war! Ich habe extrem viel Wissenswertes mitgenommen!

Mein Tipp für die Zukunft:

Absolut empfehlenswert für eine*n Auszubildenden, der/die 4 Wochen bleiben kann und über gute Französischkenntnisse verfügt – oder für einen fachlichen Austausch, auch hier ist die französische Sprache eine wichtige Voraussetzung.

Darüber hinaus: Möglichkeiten für den Ausbau der fachlichen Zusammenarbeit sollten ausgelotet werden – gerade im Bereich von EU-Förderprojekten gibt es hierfür zahlreiche Möglichkeiten! 

Toulouse ist eine ganz tolle Stadt – sehr lebendig, freundlich und lebensfroh, ein Besuch lohnt sich!

Erläuterungen und Hinweise

Bildnachweise

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